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#Interview – Beratung ist das Schönste an der Arbeit in der Apotheke

Im Interview erzählt Daniela Naumburger wie wichtig Beratung für die Patienten ist und wie erfüllend für die Apothekerin.

Du bist bekannt für deinen Podcast „Apotheken Stories mit Danny“. Wie ist dein Werdegang?

Beratung ist wichtig, sagt Apothekerin Daniela Naumburger.
Foto: Daniela Naumburger

Mein Name ist Daniela Naumburger. Ich bin Mutter von drei Kindern, verheiratet, 54 Jahre, und mein Beruf war zunächst pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA). Kurz nach meiner PTA-Ausbildung habe ich meinen Mann kennengelernt und bin Mutter geworden. Nach der Rückkehr in meinem Beruf habe ich in mehreren Apotheken gearbeitet, wo ich viele meiner Ideen umsetzen konnte, um die Patientenberatung in der Apotheke zu optimieren. Dies hat mich bestärkt, ein Studium aufzunehmen, um als Apothekerin noch mehr zu bewegen.

Das Pharmaziestudium war kein Zuckerschlecken. Ich musste zwar kein Semester wiederholen, aber ich stand mehrmals davor aufzuhören. Meine Kommilitonen haben mich bestärkt weiter zu machen. Und diese Entscheidung bereue ich heute keinen einzigen Tag – im Gegenteil!

Mein praktisches Jahr (PJ) habe ich in einer öffentlichen Apotheke absolviert. Da ich bereits 38 Jahre alt war, als ich mit dem Studium angefangen hatte, wollte ich im PJ nicht mehr etwas ganz Neues ausprobieren, sondern mein Ziel war vorerst, als angestellte Apothekerin in einer öffentlichen Apotheke zu arbeiten, Erfahrungen zu sammeln und meine Selbstständigkeit vorzubereiten. Mein Traum war, eine eigene Apotheke zu leiten, in der ich alle meine Ideen für eine bessere Patientenversorgung umsetzen konnte.

Wie konntest du an eine eigene Apotheke kommen?

Ich habe eine schöne Apotheke gefunden, die ich übernehmen konnte. Diese Apotheke hatte viele Stammkunden und damit ein großes Potential. Ich hatte das Gefühl, etwas aufbauen zu können. Die Chefin war ähnlich wie ich und hatte die gleichen Ideen. Zunächst habe ich im Oktober 2015 bei ihr als angestellte Apothekerin angefangen. Sie hat mich dem Personal und den Kunden vorgestellt und mir gezeigt, wie man eine Apotheke leitet, sodass ich im Januar 2016 die Apotheke übernommen habe. Ich bin wirklich dankbar, dass sie mir die Übernahme erleichtert und so möglich gemacht hat, wie ich es mir gewünscht habe.

Wir haben ihr als ehemalige Chefin auch einen fließenden Übergang bei ihrer Entlassung aus der Apotheke geschaffen, weil sie sehr viele Jahre dort war und die Kunden sie vermisst haben. Sie war ein Jahr lang immer am Montagnachmittag da. So hat sie sich von ihrer Apotheke und den Kunden verabschiedet.

Was hast du verändert als Apothekeninhaberin?

Ich habe sehr viel digitalisiert. BTM (Betäubungsmittel) Dokumentationen machen wir nicht mehr auf dem braunen Papier, sondern vereinfacht über den Computer. Wir haben Instagram und einen Podcast. Diese Dinge habe ich ausgebaut, weil ich Beratung wichtig finde und gerne mache.

Im Studium hätte ich mir auch gewünscht, dass die Professoren mir viele Sachen nicht so wissenschaftlich, sondern leichter verständlich erklären. Mein Anspruch ist, sogar einem Sechsjährigen die Pharmaziewelt zu erklären. Ich möchte einem Kunden nicht nur sagen: „Dieses Nasenspray nimmst du eine Woche lang“, sondern auch erklären, was passiert, wenn man es nimmt. Beispielsweise, dass bei abschwellenden Nasensprays ein Gewöhnungseffekt eintritt.

Ich merke, dass viele Kunden meine Erklärungen gut finden, und dass viele Studierende und PTA-Schülerinnen und -Schüler mit meinem Podcast lernen. Ich breche die Beratung soweit herunter, dass auch ein Mitarbeiter versteht, wie er Kunden gut beraten kann, und warum er immer wieder Dinge erklären muss. Mein Podcast ist sowohl für das Apothekenpersonal als auch für Schüler und für Kunden.

Du hast das dritte Staatsexamen. Wie viele Staatsexamina gibt es?

Das erste Staatsexamen macht man nach vier Semestern Pharmaziestudium. Es ergibt sich heute aus den Noten, die man gesammelt hat. Man muss nicht mehr wie früher zu einem bestimmten Prüfungstermin hinfahren. In den ersten vier Semestern lernt mal viel Chemie, also Biochemie, analytische, physikalische, anorganische und organische Chemie sowie Elektrochemie. Nach dem ersten Staatsexamen kommt der zweite Teil des Studiums mit dem Schwerpunkt Pharmazie, bestehend aus pharmazeutischer Chemie, Biologie und Technologie sowie klinischer Pharmazie.

Am Ende des achten Semesters macht man das zweite Staatsexamen, wodurch die Arbeit in der Apotheke oder in der Industrie als Pharmazeut möglich wird. Aber man kann noch keine Apotheke, auch keine Filiale leiten und keinen Apotheker vertreten.

Im praktischen Jahr (PJ) arbeitet man mindestens ein Semester lang in einer öffentlichen Apotheke. Für das zweite Semester kann man sich überlegen, ob man lieber in der Industrie, im Ausland oder in einer Klinik tätig sein möchte. Nach dem PJ macht man noch einen Abschluss, das dritte Staatsexamen. Zu der Prüfung kommen ein Professor oder eine Professorin und eine Apothekerin oder ein Apotheker. Man wird zunächst im praktischen Teil geprüft und muss z.B. etwas zu einer Rezeptur erklären. Danach wird man im rechtlichen Teil geprüft, denn wenn man in einer Apotheke arbeitet, muss man viele rechtliche Dinge wissen, wie:

  • Was darf ich abgeben?
  • Wie lange ist ein Rezept gültig?
  • Wie lange muss ich meine Dokumentation aufbewahren?
  • Wie muss ich meine BTM dokumentieren?

Im Anschluss gibt es noch einen pharmazeutischen Teil über Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, der richtig wissenschaftlich ist.

Erst wenn man das dritte Staatsexamen hat, ist man Apotheker und eingetragener Kaufmann und kann eine Apotheke leiten.

Was sind deine aktuellen Projekte?

Interviews wie dieses gebe ich ganz häufig. Für das Alltagsgeschäft habe ich ein Team, das mich entlastet. Ich ziehe mich zurück, drehe meine Videos und mache meinen Podcast.

Ich habe eine Kooperation mit der ABDA, in der wir Videos drehen, um die Apotheke vor Ort zu stärken. Unser kleines Videoteam besteht aus einer PKA (pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte), einer PTA, einem Pharmazeuten im Praktikum (PhiP), einer angestellten Apothekerin und mir. Als Apothekeninhaberin übernehme ich in dem Podcast die Themen, die mit Apothekengründungen zu tun haben wie zum Beispiel das Thema Pacht. Die Berufswelt Apotheke ist insgesamt ein spannender Ort, die Mitarbeiter hier sitzen nicht nur im Labor, sondern haben direkten Kontakt mit den Patienten. Das ist abwechslungsreich und macht die Berufe in der Apotheke aus. Kein Tag ist wie der andere. Für mich ist der Beruf eine echte Bereicherung, er hat einen tiefen Sinn, ganz nach dem Motto „Mach was hilft!“.

Auf Instagram nehme ich die Follower einfach mit durch meinen Alltag, als wären sie mit mir befreundet. Ich erstelle auch Beiträge, in denen ich unterschiedliche Themen erkläre. Zum Beispiel:

  • Wie wirkt eine Blume, die gerade blüht, als Heilpflanze?
  • Wie prüft man BTM?
  • Ein T-Rezept hat nichts mit Schwarztee und Brennnesseltee zu tun, sondern mit Thalidomid. Worauf muss man achten?

Auf Tiktok bin ich wirklich die Apothekerin, die den Kittel anhat und erklärt. Aktuelle Themen waren kürzlich:

  • Warum darf man Tabletten nicht einfach teilen? Fragt den Apotheker, ob eine Tablette teilbar ist oder nicht.
  • Warum haben Dragees einen Überzug?
  • Wo löst sich die Tablette auf, im Magen oder Darm?

Auch im Podcast spreche ich über wechselnde Themen. Auf allen meinen Kanälen ist immer etwas Neues dabei.

Bald startet ein weiteres Projekt, in dem ich Filme drehe. Und mit einem pharmazeutischen Verlag schreibe ich ein Buch.

In welchen Situationen spürst du die Sinnhaftigkeit deiner Tätigkeit als Apothekerin besonders?

Schön ist es, wenn man den Leuten etwas empfiehlt und sie danach wiederkommen und sich bedanken. Die Leute spüren, ob man für seinen Beruf brennt, und ihn nicht einfach macht, weil man keinen anderen gefunden hat. Es ist wichtig, seinen Heilberuf zu leben.

Oft haben Patienten das Gefühl, beim Arzt schnell durchgeschleust zu werden. Ihnen fehlen Erklärungen zur Einnahme des verschriebenen Medikaments. Die Apotheke muss diese Leute auffangen und ihnen erklären, was zu beachten ist. Es ist wichtig, mit den Patienten ins Gespräch zu kommen. Ein typischer Fall ist ein Kunde, der ASS verlangt, aber wenn man fragt: „Wofür brauchen Sie das?“, stellt sich heraus, dass er eigentlich ACC meinte, um seinen Husten zu lösen. Als Apotheker muss man versuchen, mit wenigen Fragen so viel Informationen wie möglich zu bekommen. Der Kunde soll sich nicht ausgefragt fühlen, sondern der Sinn ist die gute Beratung. So bekommt man zufriedene Stammkunden. Es gibt Kunden, die trotz Ortswechsel ihrer Apotheke treu und über unseren Internet-Shop und dem Chat verbunden bleiben, weil sie die gute Beratung schätzen.

Wir bieten auch pharmazeutische Dienstleistungen an, z.B. die Medikationsberatung bei Polymedikation, also wenn ein Erkrankter fünf oder mehr Medikamente verschrieben bekommen hat. Beim Erstgespräch muss der Patient alle Medikamente mitbringen, die er einnimmt, sogar die Mittel, die er in der Drogerie gekauft hat. Denn auch bei vermeintlich harmlosen pflanzlichen Wirkstoffen und bei Nahrungsergänzungsmitteln kann es zu Wechselwirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Manche Patienten versuchen vor dem Arzt zu verheimlichen, was sie zusätzlich einnehmen oder welches Medikament sie bereits abgesetzt haben. Bevor Patienten aber eine Therapie abbrechen, sollten sie sich in der Apotheke beraten lassen, ob die Medikation eventuell langsam ausgeschlichen werden muss. Betablocker muss man beispielsweise ein- und ausschleichen. Man kann nicht jedes Präparat plötzlich absetzen.

Medikationsberatung auch bei oraler Antitumortherapie

Da Patienten sich oft nicht trauen, dem Arzt alles zu erzählen, müssen die Apotheker Vertrauen schaffen. Dies gelingt in der Apotheke vor Ort viel besser als im Internet. Der Kunde ist oft nicht sofort nach einem einmaligen Besuch in der Apotheke von unserer tollen Dienstleistung überzeugt. Aber nach mehrmaligen guten Beratungsgesprächen sind die Kunden glücklich, kommen wieder und signalisieren, wie gut sie sich beraten fühlen.

Ich übernehme sehr gerne den Notdienst. Gerade im Notdienst sind die Patienten auf unser pharmazeutisches Wissen angewiesen. Dieses Wissen anzuwenden, macht den Beruf aus. Im Notdienst hat man Herausforderungen: In der Nacht oder am Sonntag sind die Apotheken die ersten Ansprechpartner für gesundheitliche Probleme, mit denen die Patienten nicht ins Krankenhaus gehen möchten, wo sie oft lange warten müssen. Ich hatte schon jemanden, der mit einem abgeschnittenen Finger kam. Viele Paare kommen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr und sind den Tränen nah. Die muss man auffangen und ihnen die Angst nehmen. Dass man den Leuten helfen kann, macht einfach Spaß. Man bekommt Dankbarkeit als sofortiges Feedback.

Die Beratung ist das Schönste und das Wichtigste an der Arbeit in der Apotheke. Jeder Bereich spiegelt das wieder. Auch die PKA können ihren Beitrag dazu leisten. Sie dürfen zwar nicht über die Medikation beraten, aber häufig sind sie die Ersten, die im Backoffice ein Telefonat entgegennehmen. Sie können Freundlichkeit vermitteln, durch die sich die Kunden gut aufgehoben fühlen.

Wann konntest du wirklich helfen?

Gelegentlich kommt es zu Missverständnissen zwischen Arzt und Patient. Ein Kunde zum Beispiel hatte vom Arzt ein Medikament gegen Übelkeit verschrieben bekommen, da der Arzt von Reisekrankheit ausging. Der Patient hatte dem Arzt erzählt, dass ihm schlecht geworden ist, als er eine Flugreise antreten sollte. Im Gespräch in der Apotheke stellte sich allerdings heraus, dass er unter Drehschwindel litt, der anders therapiert wird.

Es kommt oft vor, dass Patienten beim Arzt das Gefühl haben, sie können nicht so viel reden, weil der Arzt keine Zeit zu haben scheint. Bei uns in der Apotheke öffnen sie sich und man kommt ins Gespräch. Oft stellt man fest, dass der Patient nicht das braucht, was auf dem Rezept steht. Auch bei Fehldosierungen kann man in der Apotheke gegensteuern, wenn etwas falsch läuft. Die Apotheke hat ihre Stammkunden und deren Dosierungen in einer Kartei und kann nachfragen, wenn auf einem Rezept durch einen Schreibfehler eine andere Dosierung angegeben ist.

Viele Asthmatiker klagen in der Apotheke, dass ihr Asthmaspray nicht wirkt. Wir lassen uns vom Patienten zeigen, wie er das Gerät bedient. Dabei stellen wir häufig Anwendungsfehler fest, sodass wir gemeinsam Korrekturen in der Handhabung des Inhalators vornehmen, damit das Asthmaspray besser wirkt.

Inhalationsschulung in der Apotheke

Apotheken können auch Blutdruck messen. Im einfachen Fall wird der Blutdruck einmal gemessen und der Patient bekommt von der Apotheke einen Zettel mit dem Wert. Wenn ein Patient bereits einen Blutdrucksenker verschrieben bekommen hat, kann die Apotheke eine Blutdruckmessung zur standardisierten Risikoerfassung bei Bluthochdruck als pharmazeutische Dienstleistung durchführen.

Deine Apotheke ist sehr innovativ. Woher nimmst du die Ideen und die Power für die Umsetzung?

Ich hatte schon immer viele Ideen, aber neue Themen kommen auch durch die Kommentare der Follower. Eine Kundin hatte mir unter einem Video beschrieben, wie schlecht es ihr durch eine Fehldosierung ging. Ein Arzt wusste nicht, dass Apotheken aufgrund der Rabattverträge nicht immer genau das abgeben können, was er aufschreibt. Es gibt Fälle, in denen Patienten Zäpfchen essen. Manche Patienten müssen solche Dinge erst lernen, und Apotheker sollten grundsätzlich immer sehr viel erklären.

Die Leute geben mir Feedback, dass das einfache Erklären genau das ist, worauf sie schon immer gewartet haben. Meine Mitarbeiter beraten genauso leicht verständlich. Kunden sagen nach einer Beratung typischerweise: „So hat mir das noch nie jemand erklärt. Jetzt habe ich endlich mal verstanden, warum das so ist. Vielen Dank.“

Manche Kunden sind eine Herausforderung, weil sie vorgeben, schon Bescheid zu wissen. Mit Einfühlungsvermögen spürt man, dass sie doch noch Wissenslücken haben. Auch diese Patienten sind dankbar, wenn man sie einfühlsam berät.

Patienten bekommen beim Arzt und in der Apotheke viele Informationen, sodass es schwerfällt, sich alles zu merken. Wir haben dafür Merkzettel, z.B. für die Einnahme von Antibiotika. Wir erklären auch jeden Schritt, denn der Kunde kann sich Informationen besser merken, wenn er weiß warum. Ob Kinder oder Erwachsene, Schüler oder Studenten, jeder findet unsere Beratung gut. Dankbarkeit gibt Power.